Heute fuhren wir mit der Fähre über den Gironde von Le Verdon nach Royan. Der Fluß mitsamt seiner großen Flussmündung scheint für Frankreich ebenso eine imaginäre Grenze zu sein wie der Jangtse in China.
Waren wir heute morgen noch südlich von der Gironde und hatten beheizte Außenpools ohne Umkleidekabinen, so haben wir jetzt nach Querung irgendwie die „Nordseite“ erreicht. Die Pools außen sind eiskalt, die Pools innen haben Umkleidekabinen, so dass man nicht nass zum Auto zurück muss. Und der Aquaspielplatz ist das erste mal innen statt außen. Das alles hatte in unserem diesjährigen Urlaub in Südfrankreich noch kein einziger Campingplatz. Nicht wer weiß wie bedeutend, aber gerade diese feinen Unterschiede machen, dass wir uns wie in einem anderen Land vorkommen.
Was hat sich noch verändert? Kurz nach der Seenlandschaft um Hourtin hören die ewiggroßen Kiefernwälder urplötzlich auf und machten Mischwäldern Platz. Zudem ist der Strand nördlich der Gironde anders. In dem an Royan angrenzenden Bassin gibt es Watt und hier an der Cote Sauvage, der wilden Küste gibt es viele vorgelagerte Sandbänke und damit ein Meer wie in Domburg/Niederlande. „Wild“ finden wir das im Vergleich zu den meterhohen Wellen 100 km weiter südlich gar nicht. Eher ruhig und sanft. Vielleicht bezieht sich das Wilde auf die Vergangenheit, wo der Leuchtturm „Phare de la Coubre“ hier noch nicht stand und den Schiffen den Weg um die Untiefen hierum wies.
Der größte Unterschied aber war: Während in Lacanau-Ocean der Campingplatz mit mehr als 1500 Touristen megavoll und jeden Abend Animation angesagt war, ist hier kein Mensch. Es ist wunderbar ruhig, auch wenn dieser Platz hier an den „alten“ 5-Sterne-Platz von hute morgen nicht heranreichen kann. Hatten wir auch nicht erwartet. Aber warum ist hier niemand? Sind die 1500 Mann alles Surfer? Wir haben es nicht verstanden.
Ob ich von Deutschland aus nun 40 km nördlich oder südlich der Gironde campe, macht von der Entfernung keinen Unterschied. Noch so ein Rätsel, das wir vorerst auf die „Jangtse-Grenze“ schieben. Der Jangtse in China ist einer „urban legend“ zufolge die Grenze für den Einbau von Heizkörpern in China: alle Wohnungen nördlich haben eine Heizung, alle südlich des Flusses nicht. Und analog dazu führen wir uns hier in der Ruhe und ohne Touristen grad sehr wohl.
Wir genossen die letzten Sonnenstrahlen des Tages am Strand, bevor Regenwolken sich zu uns aufmachten und wir in den Pool überwechselten. Morgen geht´s weiter gen Norden. Wie weit, wissen wir nicht. Kommt aufs Wetter und die Lust an.
moin moin
eure Nicole
p.S: „Nöl; das ist mir entschieden zu windig!“ – Eine kleine Anekdote von heute morgen fehlt noch: Kleine Kinder sind der Spiegel ihrer Eltern. Dieser Spruch verfolgt uns seit fast 4 Jahren und stimmt nach unserer Erfahrung hundertprozentig. Heute mussten wir an diese Wahrheit denken, als wir Deutschen begegneten, die gerade zum Strand gingen. Die Tochter, vielleicht 4 Jahre alt, sagte zu ihren Eltern vehement: „Ich möchte nicht an den Strand, das ist mir – entschieden! – zu – windig!“ Wir kringelten uns ob der Wortwahl, die das Kind offensichtlich des Öfteren bereits gehört haben muss und das Wort des Tages war für uns geboren. Entschieden zu häufig benutzten wir es heute.
p.p.S. Tipp zum Wildstehen außerhalb der Saison: Die Küstenstraße westlich von Royan nach la Palmyre hat dazu viele nicht-höhenbegrenze Abschnitte.