Russland

Ursprünglich sah unser Plan vor, über Estland nach Russland einzureisen um dann über St. Petersburg durch Karelien nordwärts zu fahren. Doch wieder mal kam es ganz anders als wir das im voraus geplant haben.

Wir haben unterwegs Kontakt mit einigen erfahrenen Reisenden gehabt, Menschen die schon die ganze Welt auf dem Landweg bereist haben und somit unter anderem auch auf unserer geplanten Route schon unterwegs waren. Wir haben uns ausgetauscht und unisono wurde uns eindringlich davon abgeraten, die geplante Route mit unserem “Standard-WoMo-Bus” zu fahren. Die Straßenverhältnisse jenseits von St. Petersburg sollen in einem dermaßen schlechten Zustand sein, das ohne ein geeignetes 4×4-Mobil die Reise nicht ratsam ist.

Zusätzlich stimmte mein “Bauchgefühl” in dieser Sache nicht. (Wir haben als “oberste Direktive” auf dieser Reise unser Bauchgefühl. Wenn das auch nur bei einem von beiden nicht stimmt, ändern wir das vorhaben) Somit war eine Planänderung notwendig. Wir beschlossen daher, der ehemaligen Finnischen Hauptstadt Wyborg einen Besuch abzustatten.

Von dem Grenzübergang Vaalimaa wollen wir nach Wyborg fahren. Da wir schon “gewarnt” worden sind, das der Grenzübertritt nicht so schnell gemacht ist, sehen wir zu, dass wir morgens etwas Zeitiger loskommen als sonst um nicht zuviel Zeit zu verlieren.

Nach kurzer fahrt rollen wir auf die Grenze zu und werden nach gut 20 Minuten von den Finnischen Grenzbeamten professionell abgefertigt und weitergeschickt. Wir fahren ein gutes Stück durch einen neutralen Streifen, und frohlockten schon das es ganz schnell ging. Bis wir auf eine Autokolonne vor einem Schlagbaum aufliefen. OK, dachte ich, warten wir halt ein wenig.

Nach 2 Stunden in denen wir uns genau gar nicht bewegt haben und die ersten schon umgedreht und zurückgefahren sind, geht Nicole nach vorne ans Ende der Schlange um sich nach dem Fortschritt zu erkundigen. Wie wir erfahren, soll es ein “Computerproblem” geben und daher heute besonders lange dauern. Und Samstags dauert es sowieso immer länger.. Aha. Perfekt für jemanden wie mich, der vieles hat aber sicher keine Geduld…

Die polyglotte Grenzbeamtin war sehr freundlich und gewähren uns einen “Baby-Bonus” und so dürfen wir an der Schlange der wartenden vorbei fahren um mit dem nächsten 10er-Block zusammen mit der “Russen-Vorzugsschlange” weiter zu fahren. Das nehmen wir doch gerne an. 🙂

Nachdem wir diese Hürde überwunden hatten, stellte sich zu unserer Überraschung heraus das es sich bei diesem Schlagbaum nur um einen Vorposten gehandelt hatte. Wir kamen nämlich an der nächsten Warteschlange an, der eigentlichen Grenzkontrolle für die Einreise. Nach einem für uns nicht verständlichen System wurden die wartenden auf die 4 möglichen Terminals aufgeteilt. Uns wurde eine Linie zugewiesen und wir- na was wohl – warteteten…

Wir kamen mit den Finnen vor uns ins Gespräch (die jeden Samstag zum Autowaschen nach Russland fahren), und wie sich noch herausstellte war das ein Glücksfall. Denn wir hatten nicht alle Papiere die für das Einführen des Autos notwendig waren parat. So konnten die beiden ein wenig dolmetschen und uns behilflich sein, denn die Grenzbeamten hier sprechen genau eine Sprache. Russisch.

Wir durchlaufen den aus mehreren Stationen bestehenden Bürokraten-Hindernislauf und haben es nach weiteren 1 1/2 Stunden geschafft und passieren die Grenze. Ich muss sagen, das die Beamten zum Teil sehr freundlich und hilfsbereit waren, das aber sehr von dem Menschen in der Uniform abhing. Andere waren eher barsch bis unfreundlich.

Nach einigen Kilometern auf russischem Boden kam dann die nächste Kontrolle auf uns zu. Unglaublich, was für ein Bürokratischer Irrsinn. Allerings war diese Kontrolle schnell passiert und wir konnten endlich unser Fahrt in Richtung Wyborg fortsetzen.

Auf perfektem Straßenbelag fahren wir komfortabel weiter. Aber das hatte man uns schon gesagt, das die Haupteinfallstraßen gut sind. Aber auch nur die. Jede Straße, die von der Hauptstraße abgeht gleicht einem Feldweg. Schlagloch an Schlagloch reiht sich aneinander, der Restteer lässt erahnen, das es mal einen Straßenbelag gegeben hat.

Am Eingang von Wyborg finden wir einen Parkplatz der zu einem großen Supermarkt gehört. Perfekt. Wir möchten die günstigen russischen Preise nutzen, um unsere Vorräte noch einmal für die Skandinavischen Länder aufzufüllen. Insbesondere das Bier ist hier ungleich günstiger, da decken wir uns gleich mal für die nächste Zeit ein und bringen unsere Staumöglichkeiten an ihre Grenze… 😉

(Hinweis: besser nicht ohne Vorbereitung und Internetzugang nach Russland fahren und dann im Supermarkt sich fragen, ob 35 Rubel für eine große Dose Bier viel oder wenig ist 🙂 )

(Hinweis 2: wir sind übrigens sehr deutsch: wir sind die einzigen, die den Einkaufswagen wieder zurückschieben, da es kein Pfandsystem dafür gibt)

Wyborg selbst ist…”nett”. An den ehemaligen Prachtbauten hat die Sowjetregierung grad mal gar nichts investiert und so sind diese in einem bemitleidenswerten Zustand. Alles wirkt ein wenig verfallen und trostlos. Wir versuchen in einem Restaurant etwas zu essen zu bekommen. Die hälfte der Gerichte, die auf der Karte stehen sind nicht verfügbar, also beschränken wir uns auf das was verfügbar ist.

Nach gut 1 Stunde bekommen wir unsere Getränke und sollen dann noch weitere 30 Minuten auf das essen warten. Da wir schon an den anderen Tischen gesehen haben, wie überfordert das Personal offensichtlich ist, stornieren wir das essen, zahlen unsere Getränke und gehen. Wir schlendern noch über den Markt, können aber nichts kaufen da wir keine Rubel getauscht haben. (wie gesagt gute Vorbereitung 😉 )

Von den Erfahrungen der Einreise geprägt, machen wir uns rechtzeitig wieder auf den Weg in Richtung Lappeenranta in Finnland. Die Ausreise verläuft etwas zügiger, da nicht soviel Betrieb an diesem Grenzübergang ist. Dafür ist das Personal dort ungleich unfreundlicher. Unser Bus wird gründlichst untersucht, das Durchwühlen unserer persönlichen Sachen bleibt uns nicht erspart. Schon ein doofes Gefühl.

Wir sind froh, das wir bei der Einreise in die EU diejenigen sind, die in der “EU-Vorzugsschlange” stehen. So können wir an der langen Schlange der wartenden russischen Einreisenden vorbeiziehen und sind nach 5 Minuten durch die nette Kontrolle auf Finnischer Seite.

Fazit:

10:54 Ankunft in der Schlange zur Ausreise aus Finnland
10:57 Ankunft in der Blockabfertigung
11:03 Ankunft in der “neutralen Zone”
11:06 Ankunft in der Schlange zur Einreise nach Russland (Schlagbaum 1)
12:06 wir sind 10 Autos weiter in der Schlange
12:26 Ankunft in der Schlange zur Blockabfertigung nach “Vorzug wegen Babybonus” (Schlagbaum 2)
12:50 Ankunft in der Passabfertigung
13:20 Ankunft in der Fahrzeugkontrolle & “Filzen”
13:30 Abfertigung erledigt, Weiterreise bis zum Schlagbaum 3
13:31 Kontrolle der Pässe
13:32 Ankunft in Russland

17:54 Vorkontrolle 1 weit vor der Grenze
18:09 Ankunft an der Vorkontrolle 2
18:11 Ankunft an der Ausreise aus Russland
18:15 Vorkontrolle erledigt
18:33 Passkontrolle und Filzen des Autos erledigt; Ankunft in der neutralen Zone
18:37 Ankunft Einreise Finnland per “Vorzugsschlange”
18:48 Ankunft in Finnland

Faktencheck:

Was uns gesagt wurde – was wir bei unserem Besuch erlebt haben

Straßen schlecht – Hauptstraßen guter Zustand, Nebenstraßen teilweise katastophal
Leute unfreundlich – Leute sehr nett und hilfsbereit
sprechen nur russisch – sprechen auch englisch und teilweise deutsch
gibt keine Campingplätze –  ausgeschilderte Campingplätze vorhanden
keine Kartenzahlung möglich –  überall Kartenzahlung möglich (wenn die Technik funktioniert 😉
fahren wie die Henker – fahren auch nicht schlimmer als in Kroatien oder Albanien
hassen Deutsche – uns nicht…
viele Kontrollen – das stimmt 🙂

3 Gedanken zu „Russland

  1. Hallo ihr lieben. Das theater an der Russischen Grenze und nur für ein paar Stunden. das lohnt doch nicht.:-) Aber russlands Häuser scheinen noch herunter gekommener zu sein wie Ungarn, Rumänien usw. aber ihr habt schon tolle Landschaften unterwegs.(neidisch) Bei uns ist wieder mal Gewitter. Heute ist mein letzter Urlaubstag. Und der war total verregnet.(bin total frustriert)
    Liebe grüße an euch und hoffentlich schönes Wetter 🙂 🙂

    1. Hallo Anke,
      es sehen nicht alle Häuser so aus, das sind schon extreme Beispiele. Allerdings sind eine Vielzahl der Häuser in einem nur wenig besseren Zustand. Es gibt natürlich auch das Gegenteil: chice Vorstadtvillen, die in Deutschland nur in Düsseldorfs besten Viertel zu sehen sind…

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