Tag 2: Am Dienstag geht unser ToDo-Marathon weiter. Doch wir schaffen viel weniger als geplant.
Am Vormittag waren wir mit Merle zu ihrem ersten Eingewöhnungstag in der – ja was ist es eigentlich? Es ist kein Kindergarten und keine Kindertagesstätte; es ist aber auch keine Tagesmutter oder Großtagespflege. Es ist eine so genannte „Spielgruppe“ für 10 Kinder von 1 bis 3. Wir blieben dort von halb 10 bis halb eins und Merle hat es richtig gut gefallen. Obwohl sie derzeit sehr wegen der neuen ungewohnten Umgebung am Mama klammert, spielte sie dort frei und grub sogar im Garten die Blumenzwiebeln aus den Pflanzbottichen heraus, um sie den Erziehern zu schenken. Nur ist sie ja seit Monaten Beeren mit Joghurt mittags gewohnt (wir sind ja fast 6 Monate durchgehend in der Erdbeerzeit unterwegs gewesen) und verweigerte erstmal prompt warme Nahrung. Dafür aß sie den anderen Kindern dann lieber die Nachtischmelone weg 🙂 Anschließend fiel sie in einen langen tiefen Mittagsschlaf und wir gleich mit.
Dann ging es für uns bei strahlendem Sonnenschein und 25 Grad im Schatten weiter. Bankgeschäfte, Einkaufstouren, ein Eis auf die Hand. Immerhin ein Eis. Denn ich blies schon wieder die große Trübsaltuba. Bei solchem Wetter haben wir die letzten Wochen am Meer oder zumindest vor dem Bus gesessen. Hier in der „normalen“ Wohnung sind wir viel mehr drinnen und das gefällt mir nicht so gut. Das Leben draußen bei Wind und Wetter fehlt mir hier sehr.
Hinzu kommt das ewig gleiche. Kaum etwas hat sich verändert. Der verrückte Nachbar hat wieder ein Manifest im Hausflur angeschlagen, die Jugendlichen fahren weiterhin abends ihre Rennen auf den Straßen und kaum jemand hat etwas neues zu berichten. Nur ein Tempolimit-Schild ist neu. Achja und die Anzeigentafel der Tankstelle. Ich liebe Veränderungen, neue Eindrücke und Wechsel. Hier erscheint mit das Leben starr langweilig und regelrecht sinnentleert. Wie in „täglich grüßt das Murmeltier“.
Aber genug von meiner depressiven Leier. Wir fuhren anschließed weiter und wollten meinen Wagen aus der Garage holen, wo wir es untergestellt hatten für die Dauer der Reise. Das wollten wir schon vorgestern, aber die Batterie war leer und gestern haben wir es an ein Ladegerät angeschlossen. Hat funktioniert. Der Wagen sprang an und wir fuhren brav zur nächsten Tanke, um den Reifenluftdruck zu kontrollieren. Weiter gings von dort über die Autobahn heimwärts. Doch oh je, auch der Autobahn schaltete sich der Wagen ab und sagte mir, dass der Motor heißgelaufen wäre. Nanu? Schnell Motorhaube auf und nachsehen: Kein Kühlwasser mehr vorhanden. Eieieiei. Gut, dass es heiß ist und wir daher immer Wasser im Wagen haben. Also stilles Wasser nachgefüllt, eine angemessene Zeitspanne gewartet und siehe da; der Motor sprang wieder an.
Dann nix wie runter von der Autobahn. Sicher ist sicher. Und das war auch gut so, denn nach etwa 2 km das gleiche Spiel. Motor überhitzt und Wagen aus. Unter dem Auto bildete sich eine große Wasserpfütze. Nanu? Kühler oder Schlauch undicht? Das war uns dann zu heikel und wir riefen den Abschleppdienst. Da war es schon fast 19 Uhr und eigentlich Zeit für Merles Abendessen.
Der Abschleppunternehmer, den uns die Versicherung dann schickte, kam aus Mettmann. Das liegt etwa 80 km von uns entfernt im Rheinland. Für uns ökologischer Unsinn. Jede Ruhrgebietsstadt wäre näher gewesen und selbst bei uns in Marl gibt es 3 Unternehmer. Dementsprechend lange dauerte auch die Anfahrt. Diese Zeit nutzten wir dann zum alles-was-wir-vergessen-haben-Einkauf, das Abendessen für Merle und das Zubettgehen von Merle. Dann erst, etwa um halb 10 kam der Abschlepper bei dem Wagen an.
Und eine Stunde später war dann auch Christian wieder daheim und hatte ein krosses Gyrostier erlegt, so dass auch wir immerhin noch etwas warmes zu essen bekamen heute. Denn seit der kleinen Kugel Eis waren unsere Mägen leer. Ach ja a propos Eis. Zu der Eisdiele, wo wir heute waren, gehen wir kein zweites Mal. Sie hat den Merlehörnchenfreundlichkeitstest nicht bestanden. Wir fragten nach einem kleinen Hörnchen für Merle und mussten es tatsächlich bezahlen. Schade für die Eisdiele. Ein kurzfristier Gewinn von 10 Cent und ein langfristiger Verlust dreier Kunden.
Müde lassen wir nun den Abend ausklingen und hegen den stillen Verdacht, dass die zwei Wochen, die wir noch nicht wieder arbeiten müssen, kaum ausreichen werden, um die bis dato aufgeschriebenen ToDos zu erledigen… Das Leben im Bus war entspannter…
Tag 3: Der Mittwoch beginnt schon fast routiniert. Merle zur Eingewöhnung in die Kita bringen. Wir haben noch keinen Wecker seitdem wir wieder in Deutschland sind und verlassen uns noch auf unseren „Merlewecker“, der immer zwischen halb 8 und halb 9 auf Sendung ist. Das klappt prima, solange wir noch nicht wieder arbeiten gehen müssen. Es geht doch nichts über den natürlichen Aufwachrhythmus. Mit Weckern stehe ich seit 42 Jahren auf Kriegsfuß und werde sicher in zwei Wochen auch diesbezüglich wieder die Trübsaltuba hervorkramen.
Wir beenden heute die Eingewöhnung etwas eher, denn wir haben um 11 Uhr einen Termin auf dem Bauernhofkindergarten zur Anmeldung für die U3-Zeit. Den Termin haben wir bereits vor unserer Reise festgemacht. Als wir dort ankommen, können wir aber leider sofort wider gehen, da die Kindergartenleitung heute krank geworden ist. Schade. Also neuen Termin für Montag gemacht und überlegt, was wir mit der geschenkten Zeit anfangen.
Wir nutzen sie, um an den Silbersee II nach Haltern zu fahren. Dort kann man für 6 Euro Parkgebühr am feinsten Sandstrand den See genießen. Die Sonne brennt vom Himmel und es ist herrlich. Nur leider auch sehr schmutzig. Der Müll der ganzen Saison scheint im Sand vergraben zu sein und Merle findet natürlich jeden Kronenkorken und jeden Zigarettenstummel. Lieb wie sie ist bringt sie uns jeden einzeln vorbei, damit wir dazu „bäh“ sagen und ihn wegwerfen können. Wir haben viel Spaß dabei, Bürgen zu bauen und von Merle wieder abreißen zu lassen. Zudem stürzt sie sich mittlerweile gerne in die Fluten und genießt das Element Wasser sehr.
Anschließend fahren wir zur Autowerkstatt, um meinen Wagen samt neuem Kühler abzuholen. Dort angekommen wurden wir sofort begrüßt mit „Sie sind sicher wegen dem Smart hier“ – „Ja, äh – nein, nicht primär. Wir wollen den Peugeot abholen.“ – „Ach das ist auch Ihr Auto? Wie viele haben Sie denn noch?“ lachte der Meister. Das war dann auch schnell erledigt. Nur wegen des Smarts mussten wir uns dann enttäuscht anhören, dass der Wagen die Reparaturen nicht mehr lohnt. Bei einem Wert von 1800 Euro müßten wir etwa 1200 für Reparaturen zahlen. Schock!
Traurig verabschieden wir uns von unserem treuen Gefährten und überlegen, wie wir die verbleibenden Autos fahrertechnisch ordnen können. Am besten fahre ich den Peugeot, denn bei mir am Büro ist es nach 8 Uhr morgens schwer, noch einen Parkplatz zu bekommen und geplant ist, Merle um 8:30 in die Betreuung zu geben und dann so um 9 Uhr auf der Arbeit zu sein. Christian hat zwar den weiteren Arbeitsweg, beginnt aber schon um 6 Uhr und kann dann – da er mit dem Bus nicht in die Parkgarage passt – an der Straße parken, die zu dieser Zeit noch frei sein dürfte.
Daneben überlegen wir, was wir mit dem Bus machen. Denn auch hier sind einige Reparaturen fällig. Wir beschießen, erstmal einen Kostenvoranschlag machen zu lassen und dann weiter zu sehen. Wir informieren uns zudem noch über Elektroautos und E-Bikes, kommen hier aber noch zu keinem befriedigenden Ergebnis.
Tag 4: Donnerstag. Ich komme wir jetzt schon vor wie bei „Ewig grüßt das Murmeltier“. So viele „gleiche“ morgende haben wir schon lange nicht mehr gehabt. Aufstehen, Merle isst 2 Tomaten, ab zur Eingewöhnung. Heute gehe ich allein, Christian nutzt die Zeit zum „Bude aufräumen“. Ich soll einen Vogel basteln und dann mit Merles Bild versehen für den Kindergarten-Geburtstagskalender. Ich war völlig aufgeschmissen. 2 Ausbildungen, 2 Diplome und 2 Master – aber absolut hilflos saß ich vor Tonpapier, Basstelschere, Glittermalern und dem Prittstift. Aber nach etwa eineinhalb Stunden hatte ich eine einfache Möwe gebastelt, die sich sicher mit den Arbeiten von Vorschulkindern messen konnte 🙂
Den Nachmittag nutzen wir, um uns noch eine Kita anzusehen, die wesentlich näher an unserer Wohnung liegt. Wir erkennen, dass alle Einrichtungen positive und für uns nicht so passende Angebote haben und beschließen nach dem guten Bauchgefühl, Merle in der derzeitigen Einrichtung zu lassen.
Anschließend fahren wir nochmal für zwei Stündchen an den Silbersee II, um die herrliche Spätsommersonne mitten im September nochmal so richtig auskosten zu können. Mehr wollen wir nicht riskieren, denn Merle hat sich mittlerweile in der Kindergruppe eine leichte Erkältung geholt. 6 Monate auf Tour in ganze Europa – aber 3 Tage in Deutschland in der Kita und schwupp, ist sie erkältet 🙂
Tag 5: Freitag. Wieder grüßt das Murmeltier. Aber diesmal nach einer völlig schlaflosen Nacht. Merles Nase war zu und zudem habe ich sie wohl mit zu vielen Weintrauben gefüttert (sie übte an den Trauben das Wort „mehr!“ und seine Bedeutung), so dass sie doll Bauchschmerzen hatte. Dementsprechend zerknittert waren wir drei dann auch. Dennoch wagten wir wir es heute, in der Zeit, in der Merle in der Kindergruppe ist, einen Kaffee trinken zu gehen. Ging. Zwar mit viel geheule, aber es ging.
Am Nachmittag war Merle schon mit ihrer Rotzenase vollauf bedient und hatte erhöhte Temperatur. Wir beschlossen daher: kein Wasser, kein Strand, keine Aufregung. Stattdessen fuhren wir gemütlich zu Ikea. Das, was wir in Schweden nicht geschafft hatten :-). Die A43 hatte mal eben 10 km Stau auf den 12 km bis dorthin. Wir nahmen daher bis Dortmund den Weg per A2/A45. Der hatte nur 5 km Stau (hin, zurück waren es dann auch 10 (statt 20 per A40/A43)). Willkommen im Ruhrgebiet. Seufz. Dafür war es bei Ikea untertags sehr leer. Wir kauften 3 Teile für Merle und sind ganz stolz, dass wir ansonsten nichts mitgenommen haben, was wir eigentlich nicht brauchten.
Mit Tritt, Ganzkörperlätzchen und Pöttchen verließen wir den Kassenbereich und da sahen wir die Veränderung! Kaum mal 6 Monate nicht im Lande, sind die Hot Dogs gleich 50 % teurer geworden. Tststs. Nicht, dass wir je einen davon gewollt hätten, wir nahmen den nur gerne für damals 1 Euro, um für alle Mann kostenlos den Grtränkebecher nachfüllen zu können nach der ansterngenden Einkaufstour. Aber nun gibts den Spaß nur noch für 1,50 Euro zu haben.
Auf dem Rückweg finden wir noch viele Baustellen, die es vorher nicht gab und hinter jeder Umleitung verbarg sich gefühlt eine neue Baustelle mit Umleitung. Die alte Feuerwache in Recklinghausen gibt es nicht mehr. Da ist jetzt nur noch ein seelenloses Geröllfeld. Es tut sich ja doch was in good old Germany.
Zurück daheim erlaufen wir uns eine leckere Kugel Eis und wollen zum Blutspenden gehen. Natürlich haben wir den Blutspendeausweis vergessen und ohne war absolut nichts zu machen. Es war 18:30 und um 19:00 Uhr war dort schluss. Also fix zurück nach Hause gelaufen, Ausweise eingepackt und zurück und um 18:58 Uhr die bereits im Aufräumen gewesenen Herrschaften nochmal hochscheuchen.
So schnell waren wir noch nie wieder draußen. 19:30 war es und das Ganze hat grad mal 32 Minuten gebraucht. Inklusive aller Formulare, Arztgespräch Blutabnahme, Ruheliege und anschließendem genüsslichen Esen der Leckereien dort. Also die, die wir noch sichern konnten bevor auch sie weggeräumt worden wären. Abendessen gesichert und dabei etwas Gutes getan. So haben wir den Tag beschlossen.
Als Fazit der ersten Woche sagten wir beide übereinstimmend bereits am Dienstag: Reicht schon, können gerne wieder los. Um meine Trübsaltuba endgültig loszuwerden und zu mehr Glücklichsein zu finden ist mein jetziger Lebensabschnitt hier mein „Urlaub zwischen dem Reisen“. So fühle ich mich derzeit und so fühle ich mich gut, wieder daheim zu sein.