Die Wetterapp behält recht: schon in der Nacht verziehen sich die Wolken und ab 2:00 Uhr in der Nacht brät die Sonne auf unser Auto. Die Folge: es wird heiß in der Karre wie an einem schönen Sommertag. Nur eben mitten in der Nacht…
Wir freuen uns über das tolle Wetter und beginnen unseren Tag mit einem guten Frühstück. Wir haben uns vorgenommen, am Vormittag zu einem Natursteinbogen zu wandern, der ganz in der Nähe unseres Stellplatzes liegt. Zusätzlich haben wir noch das Angebot von Jonathan, der eine Adventureagentur in dem Ort betreibt, mit dem Rib (eine Art Schlauch-Speed-Boot) rauszufahren und uns am Nordkapp absetzen zu lassen. Das wollen wir uns aber noch überlegen, da die Tour Abends zur Mitternachtssonne starten soll und wir bedenken wegen Merles Schlafrhytmus haben.
So nehmen wir zunächst die Wanderung zum Steinbogen bei bestem Wetter in Angriff. Der Weg ist relativ einfach zu gehen und gut markiert. Der Felsbogen ist sehr eindrucksvoll. Majestätisch schwingt er sich über eine Felsklippe und gibt durch den Bogen hindurch den Blick auf das Nordkapp frei. Ein toller Anblick. Ich mache viele gute Bilder und kann mich an dem Motiv gar nicht sattsehen. Mithilfe einer App kann ich bestimmen, das die Mitternachtssonne genau hinter dem Kapp hervorkommen wird und durch den Bogen scheinen wird. Das wäre natürlich ein Knallerbild…
Wir verbringen einige Stunden an diesem schönen Ort und sind von der Umgebung ganz gefangen genommen.
Auf dem Rückweg beschließen wir, das Angebot von Jonathan anzunehmen und die Tour zu buchen. Wieder in Skarsvag angekommen gehe ich in das Büro um die Details zu besprechen. Jonathan teilt mir mit, das es eine Tour eher gibt, da sich noch andere Interessenten für diese Fahrt gefunden haben, die aber sofort starten möchten. Da wir mit ihm einen Sonderpreis im Vorfeld ausgehandelt haben bittet er uns, diese Tour mitzufahren damit er nicht extra nur für uns rausfahren muss. Würde er zwar machen, wir können aber den wirtschaftlichen Aspekt durchaus nachvollziehen… Daher ist das für uns kein Problem, im Gegenteil kommt es uns doch eher entgegen wegen der Schlafenszeit und ich habe ja noch das Motiv mit dem Steinbogen im Kopf…
Wir ziehen also die Rettungsanzüge an, Merle bekommt auch einen Babyanzug an und los geht es. In rasantem Tempo geht es auf das Meer hinaus und John zeigt uns ein wenig das Wildlife auf See. Die Wellen sind recht hoch und so schaukelt und rumst das Boot schon gewaltig auf den Wellen. Das scheint nicht jedermanns & Frau’s Sache zu sein, und es wird verdächtig still im Boot…
Merle hat mal ihren Spaß an der wilden Fahrt, mal gefällt es ihr nicht so gut. Schließlich schläft sie aber einfach auf meinem Arm ein… Muss wohl nicht so spannend für sie gewesen sein ;).
Wir lassen uns an der alten Anlegestelle für das Nordkapp absetzen. Es handelt sich hier um die alte Poststation, an der die Waren früher angeliefert wurden. Von hier aus schlängelt sich ein 500m langer Wanderweg zum Kapp hinauf. Allerdings muss man auf den 500m einen Höhenunterschied von 380m überwinden… Das ist für uns Flachlandtiroler ganz schön anstrengend und wir fragen uns unterwegs mehr als einmal warum genau wir uns das eigentlich antun. Man kann doch ganz bequem mit dem Auto bis vor die Weltkugel fahren. Hätte mir jemand vor der Reise gesagt, das ich das Kap zu Fuß erreichen werde, ich hätte ihn ausgelacht…
Die Wanderung ist allerdings jede Strapaze wert. Die Aussicht ist genial und das Gefühl sich zu Fuß dem Kap zu nähern ist unbeschreiblich. Nach 2 Stunden Wanderung taucht es am Horizont vor uns auf:
Das Nordkapp.
Wir werden von unseren Emotionen überwältigt, zuviele Dinge verbinden sich an diesem Ort für uns. Nach mehr als 4 Monaten Reisen, 20.000 gefahrenen Kilometern und unzähligen schönen und weniger schönen Geschichten haben wir den Nördlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Zugleich markiert es aber auch den Wendepunkt, ab jetzt geht es für uns nur noch Südwärts und damit unweigerlich der Heimat und damit dem Ende unserer Reise entgegen. Das macht uns wehmütig und so machen wir die obligatorischen Bilder an der Weltkugel mit einer Mischung aus Hochgefühl, Erschöpfung und Melancholie.
Für den Weg zurück haben wir die Möglichkeit, einen öffentlichen Bus zu nehmen. Das ist uns aber zu „normal“ und so beschließen wir per Anhalter wieder zurück zu fahren. Da von dort oben alle Nase lang jemand wieder zurück fährt, wird das ja wohl kein Problem sein. So ist es dann auch. 2 freundliche Schweden bieten uns sofort an mitzufahren und wir haben einen 1a Transportservice zurück ins Tal. Die beiden sind so nett und bringen uns sogar bis vor unsere „Haustür“, sodass wir unsere müden Beine nicht mehr weiter strapazieren müssen.
Zu Abend essen wir im Weihnachtshaus, es gibt einen tollen Fischeintopf, genau das richtige für uns nach dem anstrengenden Tag. Die Portion ist großzügig, wir bekommen sogar einen Nachschlag und sind rundum satt als wir das Lokal verlassen.
Gegen 23 Uhr fällt mir wieder mein Motiv ein und die Sonne lockt mich mit tollem Licht nach draußen. Allerdings bedeutet der Entschluss das Motiv umzusetzen das ich erneut einen Berg raufsteigen muss um zu dem Felsbogen zu kommen. Meine Motivation hält sich da nach dem heutigen Tag echt in Grenzen…
Egal, die Verlockung ist zu groß und so ziehe ich meine Wanderschuhe wieder an, schnalle den Fotorucksack auf und mache mich erneut auf den Weg.
Ich werde für meine Mühen belohnt: eine fantastische Lichtstimmung bietet sich mir in grandioser Naturkulisse. Die Sonne scheint wie am hellichten Tag, beschreibt gegen Mitternacht einen Bogen am Horizont um dann wieder aufzusteigen. Genial, das miterleben zu können! Ich bin dort oben ganz allein und genieße die Ruhe und die Stimmung die hier oben herrscht. Ich mache in Ruhe meine Bilder und wandere anschließend glücklich und zufrieden wieder zurück zum Bus wo ich mit schweren Beinen direkt ins Bett plumpse.
Hallo ihr Drei Nordlichter. Herzliche Grüße aus Bielefeld. Es macht Spaß, ein bisschen per Blog mit euch unterwegs sein zu dürfen. Genießt weiter Wetter, Land, Leute und Erlebnisse.
Hier hat es heute gerade mal 17 Grad und es kommt gerade mal wieder ein Schauer runter. Das muß ab Samstag besser werden, denn dann starten wir mit insgesamt 24 Motorradfahrern zur Pilgertour in die Julischen Alpen (@ Christian: vielleicht treffe ich wieder auf die schöne Schotterstrecke in Thüringen ;))
Gerade fällt mein Blick auf ein kleine Karte die auf meinem Schreibtisch liegt:
„Die wichtigste Stunde in unserem Leben ist immer der gegenwärtige Augenblick; der bedeutsamste Mensch in unserem Leben ist immer der, der uns gerade gegenüber steht; das wichtigste Werk in unserem Leben ist stets die Liebe.“ Meister Eckhart
In diesem Sinne: lasst es euch gut gehen!
Liebe Grüße
Peter
Hallo Peter,
toll, das du mit bei uns „dabei“ bist. Vielen Dank für deine lieben Zeilen; Meister Eckhart hat schon recht ;).
Ich wünsche dir und den anderen Pilgern eine tolle Zeit und drücke euch die Daumen für eine trockene, sichere und erlebnisreiche Tour! Ich freue mich schon wenn ich wieder mit dabei sein kann. Insbesondere natürlich, wenn es über die tollen Schotterstrecken geht 😉
Christian