Heute kommen wir erneut spät los. Merle besucht noch den Wasserfall Gudbrandsjuvet, das hatte sie gestern nicht mit uns gemeinsam gemacht. Dann waren wir alle nochmal rutschen und weiter geht es, denn die ersten Touristenbusse fallen hier am Wasserfall bereits ein.
Über den Abgrund (Juvet) ist der Sage nach übrigens der liebe Gudbrand hinübergesprungen, als er seine Braut geraubt hatte. Daher der Name.
Wir fahren das Valldal (die Seite mit der Rampe), auch genannt das Erdbeertal, hinunter und gelangen zur Fähre von Eidsdal nach Linge. Unser Schiff heißt Volda. Auf der anderen Seite des Fjords geht es den Berg (auch die Seite mit der Rampe) wieder hinauf. Ganz oben im Tal gib t es ganz neu einen 5 km langen Tunnel, der dem Talverlauf parallel folgt und ausgeschildert ist. Wir sind drauf reingefallen, denn er schneidet auch 5 km Sicht auf das schöne Tal ab. Daher ist er nicht zu empfehlen. Wir tippen, dass er mehr für die ganzen Reisebusse voller Touristen, die zwischen Trollstigen und Geiranger pendeln, erstellt worden ist.

Wir freuen uns schon auf den Aussichtspunkt Örnesvingen mit seinem traumhaften Blick auf den Geirangerfjord. Leider ist er so überfüllt, dass die Autos schon in der Kehre an der Seite parken und das Durchkommen extrem schwer ist – von parken im normalen Wortsinne kaum zu sprechen. Daher freuen wir uns, dass wir das schon ein, zwei Mal gesehen und genossen haben und fahren weiter.

Das Wetter ist traumhaft; die Spitzkehren sind wie immer wunderschön, leider jedoch auch voller Touristen – Autos, Wohnmobile, Touristenbusse, Fahrräder und Motorräder. In den Steilhängen grasen Ziegen. Und im Fjord liegt nur ein kleines Kreuzfahrtschiff vor Anker, die Silver Shadow. Jetzt neu gibt es am Eingang und Ausgang von Geiranger je einen Schlagbaum. Wenn die Stadt voll ist, werden diese einfach dichtgemacht und es kommt keiner mehr rein oder raus. Das zeigt uns, dass es noch voller gehen muss.

Wir fahren nur durch den Ort hindurch, der voller fotografierender Menschen und Parkplätze suchenden Autos ist. Auf der anderen Seite fahren wir die Spitzkehren wieder hinauf und hoffen, am Aussichtspunkt Flydalsjuvet einen Parkplatz zu finden. Aber auch hier war alles mehr als voll. Also wieder ein Satz mit x – das war wohl nix.

Wir fahren also die Serpentinen weiter hinauf, vom Meeresspiegel bis auf über 1000 Meter. Die baumlose Landschaft hier gleicht fast einer Mondlandschaft. Vor uns haben wir zwei Schleicher, hinter uns eine lange Schlange an Autos. Die beiden fahren extrem vorsichtig, in Begegnungen mit entgegenkommenden Reisebussen verhalten sie sich sagen wir mal interessant und kreativ. Christian nennt die beiden „der weiße Schisser-Warnboje und sein Schleicher-Begleitmobil“.

Wir machen daher das erste Foto heute am Djupvatnet. Wir nutzen den Stop, um die Schleicher vor uns loszuwerden. Dann fahren wir weiter in Richtung Gamle Strynefjellvegen und holen den nächsten Schleicher recht bald ein. Die Dichte der Leihauto- und Wohnmobilfahrer, die hier unverhältnismäßig langsam fahren – ob sie es nun nicht besser können oder wollen wissen wir nicht – ist hier extrem hoch.
Wir sind von Nordnorwegen verwöhnt, denn dort sind weder so viele Touristen noch so viele langsam fahrende Touristen unterwegs. Dort hat man auch Ehre und fährt rechts ran, wenn man sieht, dass ein Einheimischer oder ein Motorrad oder ein sonstwie schnelleres Fahrzeug hinter einem festhängt. Das handhaben wir auch regelmäßig so. Aber hier scheint es das überhaupt nicht zu geben. Das ist zumindest unser Eindruck.

Anschließend halten wir für eine Pause am See Söndre Lagervatnet. Der Wind ist hier interessant. Von „hier ist es windstill“ zu „die Böen schmeißen mich fast von den Füßen“ liegen hier nur Sekunden. Und dann ist es wieder still. Wir kochen einen Tee und genießen draußen am See unsere Schmalzkringel und Zimtknoten. Also alle außer Merle, ihr ist es zu kalt. Dabei haben wir hier ohne Wind flotte 14 Grad. Wenn man von den Ecken und Steinen, hinter denen überall Toilettenpapier der Vanlifer und anderer Gestalten ohne WC liegt absieht, ist es hier richtig pittoresk.
Auch hier wieder eine Begegnung der 3. Art. Der Platz ist groß und leer, er bietet sich 20 Wohnmobilen ausreichend Platz. Kaum, dass wir angekommen sind, kuscheln sich deutsche Vanlifer (lustig: Autokorrekt macht „Vanilleeis“ daraus) keine 20 cm hinter uns – wie gesagt, obwohl alles leer ist. Es war so eng, dass Christian nicht an Kofferraum kam, um ein neues Paket Kaffeekapseln herauszuholen. Aber keine Rechnung hinter uns.

Als er sie – in etwas schärferem Ton – bittet, zurückzusetzen, wurde dies mit einem passiv-aggressiven Augenrollen quittiert, begleitet von einem „kann ich ja nicht wissen“. Anschließend wollte der Mann noch mit Christian darüber diskutieren, wie blöd er es findet, dass die Wohnmobile immer so viel Platz zwischen sich lassen. Aber das haben wir mal sein gelassen. Wir hatten nicht das Gefühl, dass sie an einer ehrlichen Konversation interessiert waren.

Beim Kaffee / Tee haben wir dann darüber sinniert. Ja, wenn man am Örnesvingen parkt, dann sicher so eng wie möglich, damit möglichst viele parken können. Aber auch auf einem leeren, großen Parkplatz? Wir tippen auf ein Generationenproblem, denn wir verstehen es nicht. Zudem finden wir deren Gebaren eher egoistisch und affektiert. Aber wahrscheinlich finden diese und ebenfalls egoistisch und borniert. Wie dem auch sei, unser Fazit ist, dass hier, seitdem wir in den touristischen Fjordlanden unterwegs sind, die Egoistendichte zugenommen hat und Fahren und Umgangston eher ruppiger und stressiger geworden sind.

Das Leben ist nicht so relaxed wie weiter im Norden. Für uns fängt Norwegen tatsächlich erst oberhalb von Steinkjer an. Dort liegt zwar auch hier und da Papier in den Ecken, aber längst nicht so viel. Die meisten „ich wollte das mal sehen und jetzt bin ich auch fertig mit diesem Land-Touristen“ oder die „das ist auch ganz schön teuer hier, all die Maut und die Fähren-Leute“ kommen halt oft nicht über das Fjordland hinweg.

Da wir die Nase voll haben für heute von Touristen, knicken wir uns den gamle Strynefjellvegen und fahren Tunnel in das schöne Strynetal. Nach dem Tunnel geht es ein paar Serpentinen hinunter in das grüne Tal, in dem sich der Fluss instagrammable windet. Wir machen einen kurzen Halt im Weiler Hjelle. Hier waren wir hier schon einmal und wussten es nicht mehr! Doch wir haben es sofort wiedererkannt. Diesmal lässt Christian seine Drohne fliegen und Merle und ich laufen ein kleines Stück zu einem schönen Steinstrand, auf dem es sogar Hängeschaukeln in den Bäumen gibt.
Der See heißt Strynvatnet und ist ein Gletschersee. Er hat etwa 13 Grad, als Merle bis über die Knie darin herumtappst, Floki gleich hinterher. Nur mit Not konnten wir Merle davon abhalten, ihren Neoprenanzug herauszuholen, um schwimmen zu gehen, die kleine Wasserratte!

Anschließend fahren ein kleines Stück bis zur Kirche in Nedstryn, wo Christian nochmal mit seiner Drohne herumfliegt. Leider fliegt sie ihm nicht hoch genug für das von ihm gewünschte Foto. Aber ich finde dennoch seine Fotos absolut gelungen! Wer braucht schon Geiranger, wenn er eine solche Aussicht haben kann?
In Stryn selber, einem Touristenort, gehen wir im Kiwi einkaufen. Bei der Weiterfahrt kommen wir an der Gondelbahn „Loen Skilift“ vorbei. Wir haben mittlerweile kurz vor 16 Uhr und es ist nicht sinnvoll, dort noch hinaufzugehen. Das müssen wir beim nächsten Besuch besser timen. Ich rufe beim Campingplatz Melkvoll Breton im Oldedalen an, aber der Anrufbeantworter sagt mir, dass alle Plätze bis auf die „Drop-in“-Plätze belegt sind. Tatsächlich ruft mich sogar später noch jemand vom Campingplatz zurück, aber ich sage den Platz dann ab.

An teuerem Parken auf dem Schotterparkplatz neben dem Campingplatz haben wir keinen Spaß. Zudem soll es morgen zu 99 % regnen und es ist fraglich, ob wir dann die Wanderung zum Gletscher hoch unternehmen werden. Wir fahren weiter und halten noch kurz am Outletcenter in Olden, wo Merle eine tolle Outdoorhose abstaubt.
Wir entschießen uns daher, nach Byrkjelo weiterzufahren. Es geht einen kleinen Serpentinenpass rauf auf 600 Meter und eine kleine Rampe wieder hinunter in ein Tal auf 140 Meter Höhe. Unterwegs treffen wir nasse Kühe auf der Straße, denn mittlerweile regnet es in Strömen. Im Tal treffen sich zwei Straßen und an der Kreuzung liegt Byrkjelo. Der Ort hat nichts besonderes, außer der empfehlenswerten „Bakeri Jon“ und einem Campingplatz mit Swimmingpool.

Leider ist der Pool geschlossen. Warum? Weil es bei 10 Grad aus Eimern kübelt. Der nette junge Mann an der Rezeption ließ uns den Platz wählen – J6 – und fragte dann, warum ich als Deutsche so gut Norwegisch könnte? Er dachte, ich käme aus Dänemark. Das finde ich ein wenig lustig. Viele Norweger in diesem Urlaub hielten mich für einen „Dänen aus Oslo“ anhand meiner Sprache.

Christian kocht uns erst einmal eine leckere Schlechtwetter-Tom Kha Gai und wir warten bis zur Regenpause. In dieser bekommt Floki sein essen, wir gehen spülen, duschen und mit dem lieben Hund am Storelva spazieren. Der Wasserstand wird reguliert und aktuell ist der Fluss sehr voll. Kein Wunder, es hat hier auch viel geregnet in den letzten im Sturmtief. Gerade rechtzeitig sind wir zurück, als der Regen wieder über uns hereinbricht und die Nacht einläutet.

Und sonst so? Achja, Merle hat das Datenvolumen aufgebraucht für diesen Monat.. Ich glaube Familie Hauser von Playmobil hat kennt sie jetzt in- und auswendig.