Am nächsten Tag gegen 10 Uhr fragten wir bei der französischen DHL nach, ob unser Brief denn noch vor 12 Uhr auf dem Campingplatz ankommen wird. Antwort: Der liegt noch hier und der Fahrer ist schon weg.
Ausgeliefert wird das nächste Mal erst wieder am Montag. Es würden immer noch Angaben fehlen.
Ob wir heute noch einen Sonnenuntergang in Frankreich erleben werden?
Das kann ja wohl nicht wahr sein; hatten wir doch gestern alle Angaben ergänzen lassen. Ich erklärte, dass es wirklich wichtig sei und die Dame sagte, sie schaut was geht und ruft in einer halben Stunde zurück.
Eine dreiviertel Stunde später rufen wir erneut bei DHL France an. Ich fragte nach, ob ich den Brief nicht besser abholen kann. Er liegt ja im Frachtzentrum nur 10 km entfernt. Der Mann sagte: Oh, ich glaub die Kollegin hat es an das falsche Auslieferungszentrum geschickt. Ich muss mal mit meinem Manager sprechen. Ich rufe gleich zurück.
Tatsächlich rief er zurück und sagte: Ja, wir können den Brief abholen. Er liegt jetzt in Harfleur – was etwa 30 km entfernt ist über die mautpflichtige „Brücke der Normandie“ über die Seine für 6,90 Euro. Aber nur bis 12 Uhr und dann wieder ab 2 Uhr bis 4 Uhr. Wir gucken auf die Uhr: 11:55. Mittagspause für DHL und damit auch für uns.
Eigentlich sollte der Brief nach Honfleur, was wunderschön nur 2 km die Straße runter am Meer liegt. Kann man schon mal verwechseln. Wir wollen losfahren aber ach herrje – Merle hat Pipi im Bus gemacht. Alles nass und stinkig (natürlich direkt nachdem die 10-Euro-Wäsche auf dem Campingplatz fertig geworden ist). Nach kurzer Fahrt bemerken wir wieder einen nassen Fleck auf dem Boden. Als wir grad mit Merle schimpfen wollten, bemerkten wir, dass der Wassertank übergelaufen ist. Wir haben einfach zu viel Wasser nachgefüllt. Rasch ein Dutzend Liter abgelassen und schon geht´s weiter.
Ich glaub, bei uns sind alle Fässer zum Überlaufen voll derzeit!
Um Punkt 2 Uhr stehen wir vor DHL in Harfleur. Der Mann dort war sehr freundlich, wußte aber mit mir nichts anzufangen. 5 Minuten später kam sein Kollege, offensichtlich mit Mittagessen für die beiden bewaffnet, sah mich an und fragte: „Sie sind die mit dem Brief mit dem Kinderausweis!“ – Ja, die wäre ich. Er ging kurz ins Lager und kam – tatataa – mit unserem Briefumschlag heraus.
Mit dem Ausweis riefen wir bei Brittany Ferries an, um unsere Fährpassage auf heute umzubuchen. Erste Antwort: dafür sind wir nicht zuständig. Nachgehakt. Zweite Antwort: ok, aber heute geht keine Fähre um 17 Uhr von Le Havre nach England. Nachgehakt. Dritte Antwort: Wir könnten die 22 Uhr Fähre nehmen. Kommt morgen um 6 Uhr in Portsmouth an. Urgs. Und nur noch die teuren Außenkabinen. Ok, nehmen wir. Merle freute sich schon auf ein nächtliches Abenteuer.
Oceteville-sur-mer
Bis dahin wollten wir das schöne Wetter noch am Strand genießen. Ich fuhr daher den ersten Küstenort nördlich von Le Havre an: Octeville. Wir fahren zur Küste und: Ein toller großer Parkplatz, eine tolle Aussicht von den weißen hohen Klippen, aber kein Weg nach unten. Wir machten uns erstmal einen Tee, da kam auch schon der erste Einheimische auf seinem Erkundungsgang. Ob wir hier übernachten wollen. Nein – Très bon. netterweise konnte er uns den Weg zum nächsten Strand erklären:
Zurück zur Hauptstraße, links. dann am dritten Kreisverkehr wieder links, immer geradeaus et voilà. Seine Beschreibung passte genau. Der erste Kreisverkehr war mit einem Fischer geschmückt, der zweite mit einem Kälbchen und der dritte mit einem Pferd. Und schon waren wir in Saint-Jouin-Bruneval. Nie gehört. Die Straße zum Strand war in die Steilküste hinein gehauen und eine kleine tolle Serpentinenstrecke (Das fanden viele einheimische Motorradfahrer genauso).
Saint-Jouin-Bruneval
Unten war ein Petroleumhafen. Es roch wie daheim im Ruhrgebiet. Ah, Heimat! Ein großer Parkplatz, kostenlose WoMo-Stellplätze und ein großer dreifarbiger Strand mit Restaurants erwarteten uns. Stellenweise war der Sand an den weißen Klippen sogar schwarz. Lustige Welt! Wir verbrachten einen tollen Nachmittag. Merle und ich am Strand beim Burgenverteidigen gegen die Flut – und Christian am Bus mit dem vergeblichen Versuch, die Wasserpumpe für den Wasserhahn in der Küche wieder zum Laufen zu bringen. Der ist heute nämlich kaputt gegangen. Fazit: Wir brauchen einen neuen Wasserhahn in der Küche.
Saint-Jouin-Bruneval
Der dunkle Sand lässt sich prima abklopfen und wenigstens von Sand bleibt unser Bus heute verschont. Wir fahren nach Le Havre und reihen uns für die Fährfahrt ein. Beim Beladen des Schiffes mit den Autos und LKWs machen die Hafenarbeiter einen Fehler und die ganzen Wohnmobile stehen genau falsch herum. Macht nix und auch die Arbeiter scherzen „als ob wir heute alles zum ersten Mal machen“.
Le Havre Fährterminal – ob wohl auch ein „Dieselfahrverbot“ für Schiffe kommen wird?
Wir genießen einen schönen Sonnenuntergang und um kurz vor 11 Uhr ist Merle dann auch im Bett und trotz Abenteuer Schifffahrt eingeschlafen.