An diesem schön verschauerten Montagmorgen, unser Tag 46, haben wir hin und her überlegt, was wir mit dem Tag anstellen wollen. Heute soll es den ganzen Tag schauern, morgen den ganzen Tag regnen und anschließend schön werden.
Also ist unsere erste Überlegung, zum Loop´s Head zu fahren und dort im Regen und Wind zu sitzen, nicht mehr unsere erste Wahl. Daher entscheiden wir uns für den Killarney Nationalpark, der zurück im Süden liegt. An diesem sind wir sozusagen auf dem Wild Atlantic Way vorbeigefahren.
Wir kamen jedoch vom Campingplatz nicht so schnell runter wie gedacht. Nichtsahnend haben wir Merle wie fast jeden morgen ohne Windel draußen spielen lassen. Als sie zurück kam und „Tette“ sagte, wußten wir nicht, dass sie schon das Wort „Toilette“ kannte.
Nicht verstehend ließen wir sie ins Auto, wo sie schön mit A-a-Schuhen herumlief, bis wir das Desaster bemerkten. Sie hatte nämlich draußen vor der Türe ihr großes Geschäft verrichtet und war dann versehentlich hineingetreten.
Bevor wir also losfahren konnten, mußte Christian noch den Wagen schrubben und febrezieren und ich habe den kleinen Popo und die Beinchen unter dem Außenwasserhahn gehalten und so wieder in Ordnung gebracht. Auch das „Geschäft“ haben wir – analog zu den anständigen Hundebesitzern – von dem Rasen wieder entfernt.
Nach einer anschließenden warmen Dusche ging es endlich flotte 30 km auf der Schnellstraße zurück gen Süden nach Killarney. Von dort aus nahmen wir die Passstraße, auf der so viel Sehenswertes auf uns wartet.
Wir geraten zwischendurch immer mal wieder in kleinere Regenschauer. Am Rande der Berge sehen wir häufig Gebiete mit lokalem Platzregen und hoffen, dass wir verschont werden. Ab und zu kommt sogar – entgegen dem Wetterbericht – kurz die Sonne heraus.
Wir fahren durch Regen und Wolken bis zu Moll´s Gap, der Passhöhe. Dort diniere ich mit Merle Brombeeren und Himbeeren, während Christian sich in einem Sonnen-Wolken-Regen-Mix mit der Kamera vor tollem Panorama graue Haare holt, weil sich ständig die Lichtverhältnisse zu drastisch ändern und er die Einstellungen alle Nase lang anpassen muss.
Auf dem Weg zurück haben wir besseres Wetter, denn es hat aufgehört zu regnen. Wir genießen also die tollen kleinen Kurven auf toller schmaler Straße, die bei Sonnenschein jedes Motorradfahrerherz höher schlagen lassen würde.
Über das 100-km/h-Limit-Schild konnten wir nur schmunzeln, denn wir konnten kaum schneller als 50 km/h fahren – auf dem Rückweg hinter dem Touristenbus noch viel weniger.
Wir hielten am Lady´s View und genossen eine spektakuläre Aussicht. Auf dem Hinweg hatten wir nur Wolken gesehen, nun lacht uns ein Bergpanorama entgegen. Uns und etwa 100 anderen Touristen, die von Bussen hier ausgespien werden. Dazu Musik von einem Dudelsackspieler, der von Tablets, Handys auf Sticks und Nikon-Kameras gleichermaßen gefilmt wurde.
An dem kleinen Wasserfall und den tollen Wanderpunkten fuhren wir vorbei. Zu unsicher waren wir wegen des Wetters. Weiter ging es gen Norden und wieder unserem vom Zufall glücklich ausgewählten Tagesziel entgegen.
Da Merle wenig gespielt hat, wollten wir einen Nachtlager mit Spielplatz. ABer wie soll mal so etwas finden? Gevatter Zufall hat mich Bücher wälzen und Google Maps auswerten und dann mit der App Park4Night den Glückstreffer landen lassen. Es gibt in dem kleinen Hafendorf Fenit einen Parkplatz direkt am Strand, der auch direkt neben einem Spielplatz liegt.
Also durch Tralee durch und hinauf auf die Kerry-Halbinsel. In Fenit hat man einen grandiosen Blick auf die Berge der Dingle-Halbinsel, über denen ständig Regengüsse herniedergingen. Bei uns dagegen nieselte es nur ab und zu, so das wir Merle in den Regenanzug steckten und sie auf dem Spielplatz frei laufen ließen.
Noch mehr Zufall ließ uns auf das Restaurant gegenüber aufmerksam werden, das „West End“. Schlussendlich landeten wir dort am Tisch vor jeweils einem großen Teller Fisch und Meeresfrüchten, Merle freute sich über Pommes und selbstgemachte Fischstäbchen. Ich aß meine allerersten Miesmuscheln, Jakobsmuscheln und die Scheren irgendwelcher Krabbeltiere. Sehr lecker, kann ich sagen.
Als wir so gegen 20:30 uhr aus dem Restaurant kamen, war der vormals verwaiste Spielplatz brechend voll. Keine Ahnung, wo hier am Ende der Welt die ganzen Kinder plötzlich herkamen. Aber Merle hatte nochmal richtig Spaß.
Anschließend wärmten wir uns im beheizten Bus nochmal auf Normaltemperatur auf. Draußen waren es etwa 14 Grad und alle liefen rum, als ob wir Juli hätten. Touristen wie uns erkannte man an den Pullis oder Jacken.
Dann trauten wir unseren Augen kaum: Abends von 9 bis 10 kamen dutzendeweise Leute mit Neoprenanzügen oder ganz cool nur in Schwimmshorts/ Badeanzug und sprangen ins Meer (15 Grad). Nun wissen wir, warum es hier einen Rettungsschwimmer-Posten gibt.
Bis 11 Uhr Abends konnten wir die Neoprenmenschen beobachten, die nach ihrem Bad noch unter die kalte Dusche sprangen. Macht wahrscheinlich auch keinen Unterschied. Selbst die örtliche Zeitung war anwesend und machte von einigen (die nicht schwimmen waren, also wahrscheinlich „wichtig“ sind) Bilder.
Wir fragen uns, ob das hier immer so ein Trubel ist oder ob wir einen ganz besonderen Montag Abend erwischt haben. Es ist ja nicht so, dass es besonders warm oder sonnig wäre; ganz im Gegenteil hingen über den nahen Bergen immer noch dicke Regenschauer.
Aber nichtsdestotrotz fühlten wir uns hier wohl und genossen das Spektakel, das man so in keinem Reiseführer findet: Menschen in Neopren, im Kayak, mit Hund, joggend oder auf dem Spielplatz spielend, auf Segelbooten, im Schnellboot oder gelangweilt im Bademeisterhäuschen.
Frage des Tages: Dudelsackspieler in Irland – peinlicher Touristennepp oder eine colle Sache?