Am Nachmittag fuhren wir weiter in Richtung Temple du Donon. Eine alte Teutates-Tempel-Ruine im römischen Stil, ein Kraftplatz oben auf einem schönen Berg mit einer ähnlichen Wanderung verbunden: 2,5 km und 230 Höhenmeter. Das wollten wir nach dem tollen Vormittag ebenfalls versuchen.
Als wir dort ankamen, hatte Merle erst eine halbe Stunde geschlafen. Was wir nicht bedacht hatten ist, dass die kurvigen Passstraßen des Elsass Merle nicht gut zur Ruhe kommen lassen. Am Fuße des Berges gab es schöne kostenfreie Parkplätze. Wir machten Rast und es begann heftig zu regnen.
Fazit: Wandern fiel aus.
Auch Plan B, zum zweiten Parkplatz hinter dem Berg zu fahren (Deux Donons; 1,5 km je Strecke zum Tempel), fiel aus.
Stattdessen suchten wir nach einer Möglichkeit, unser Klöchen an einer Servicestation zu entleeren. Laut App „Park4Night“ gab es eine öffentliche Entsorgungsstation in Abreschviller. Doch diese war geschlossen. Auf betreiben des dortigen Campingplatzbesitzers, der uns auch nicht gegen Geld auf seinem Platz entsorgen lassen wollte. Er war so unhöflich, dass wir sofort weiter fuhren. Auch die France-Passion-Fischfarm, keine 500 Meter entfernt, lud nicht zum verweilen ein.
Da wir schon 17:00 hatten und es Zeit war, einen Platz für die Nacht zu suchen, bogen wir bei der Touristeninfo eine Straße weiter ein. Ein Mann kam hinaus, Fenster und Türen waren offen. Also gingen wir hinein. Eine Frau kam ganz aufgeregt, sprach nur Französisch. Sie sei die Putzfrau, das Büro sei seit 17 Uhr geschlossen. Wie viel Pech kann man haben. Die Stadt versprühte ganzheitlich den Charme von früheren guten Zeiten und vielen zerstörten Träumen. Wir waren am Ende.
Ich meinem radebrechenden Französisch fragte ich die Dame, wo es eine Servicestation für Wohnmobile gibt (Aire der Service pour Camping-Cars). Sie erklärte, dass es in Abreschville eine Station gibt – Ich sagte ihr, dass sie geschlossen ist. – War der Mann nicht da? – Doch, das war ja das Problem – ? – Der Mann war nicht sehr nett. – Ah, den kenn ich, der ist zu jedem so. Haben Sie das große geschlossene Haus daneben gesehen? Der verklagt sogar seine Nachbarn und die müssen ihr Geschäft schließen.
Campingplatz am See in Saint Quirin
Dann erklärte sie mir in Worten und anhand einer Skizze den Weg nach Saint Quirin und dem dortigen Campingplatz. Ohne Gewähr, ob wir da etwas finden, sei dies die einzige Möglichkeit weit und breit, die ihr einfiele. Wir bedankten uns sehr und machten uns auf dem Weg. Dank der Skizze verfuhren wir uns an einer markanten Stelle nicht und fanden den Platz auf Anhieb.
Es regnete und niemand war zu sehen, nur ein paar Camper waren da. Diese fragte ich und wir bekamen zu hören, dass der zuständige Mann heute Urlaub hat und wir und einen Platz aussuchen könnten. Toiletten gingen und Duschen wären warm. Strom und Entsorgung würden grad neu gemacht und stehen noch nicht zur Verfügung. Und das alles für ungefähr 10 Euro – wir sehen morgen, ob das stimmt.
Das hörte sich doch nach einem guten Deal an. Es war schon spät und wir blieben auf einem sumpfigen Platz direkt an einem schönen Bade- und Angelsee. Im Regen. Das warme Wasser der Dusche reichte für Merle und mich – Christian musste leider kalt duschen.
Campingplatz am See in Saint Quirin
Nach dem Abendessen kam ein rotes Auto angefahren. Darin die Reinemachefrau aus dem Touristenbüro. Sie wollte sich erkundigen, ob wir alles gut gefunden haben und es uns hier gut geht. Ich habe die Frau fast gar nicht erkannt, da ich nicht mit ihr hier gerechnet habe. Unglaublich, wie viel Freundlichkeit in einer Stadt gefunden werden kann, die ansonsten so trostlos und unfreundlich daher kam. Unglaublich freundlich können die Menschen hier sein. Mein Weltbild war wieder gerader gerückt.