Heute, am ersten Tag der Herbstferien, ist für uns alles anders als sonst. Wir steigen ins gepackte Wohnmobil, laden noch zwei Koffer hinzu und fahren zu viert los. Zu viert? Oma ist mit dabei und es geht nach Recklinghausen zum Bahnhof. Nach mühevoller Parkplatzsuche begleiten wir Oma und Merle samt Koffern zu Gleis zwei, wo sie in den IC1110 nach Norddeich Mole steigen wollen.
Doch es gibt Idioten auf den Schienen zwischen Recklinghausen und Marl-Sinsen, so dass der Zug exakt 1 Stunde und 7 Minuten Verspätung hat. Diese Zeit warten wir vier gemeinsam, laufen den Bahnsteig rauf und runter, stöbern in der Buchhandlung und bekommen nichts mehr zu essen (11:55 Uhr Wortlaut der Bäckereidame: Wir schließen in 5 Minuten und haben schon alles weggeräumt!). Schlussendlich ist es soweit und die beiden beziehen ihr Abteil, winken und rauschen gen Norden.
Und wir fahren gen Süden, die A43 entlang bis zur A1, wo wir dann vor einer Vollsperrung abfahren und mitten durch das Berggische Land gondeln – Wipperfürth, Radevormwald, Hückeswagen, die große Dhünntalsperre. Haben wir jetzt alles einmal gesehen (oder mehrfach, das kam uns vage bekannt vor von Motorradtouren der vergangenen Tage).
Und irgendwann kommen wir am Rhein an und können an ihm entlangfahren bis zu unserem ersten Ausflugsziel, Schloss Ahrenfels. Theoretisch wollten wir hoch wandern und oben einkehren, doch in der Praxis ist der Parkplatz oben am Schloss und dieses war gesperrt wegen einer geschlossenen Gesellschaft. So kanns kommen. Also essen wir eine Waffel, genießen die Aussicht und fahren die 5 Minuten weiter bis zu unserem Übernachtungsplatz – das Weingut Peter Hohn in Leutersdorf.
Hier wollten wir theoretisch zur Ruine Hammerstein wandern (40 Minuten ein Weg) und wieder kam es in der Praxis anders. Wir treffen Herrn Hohn beim Keltern der Trauben und er erzählt uns von Deutschlands höchster Weinschaukel oberhalb seiner Felder. Mehr Zeit hat er aktuell nicht für uns. Die Beschreibung an Christian ist“an dem Kreuz links vorbei und dann den Berg rauf und 7 Kehren“. Die Beschreibung seiner Hilfe an mich ist: „an einer Streuobstwiese vorbei und einen Kunstpfad entlang“. Ohne weitere Vorbereitung ziehen wir gespannt los und direkt nach dem Kreuz links ab gabelt sich der Weg. 50 %-Chance.
Wir nehmen den Weg rechts ab, weil er steiler ist als der andere und in die richtige Richtung führt. Und was soll ich sagen.. es ist der falsche. Nach einigen 100 Metern und einer Handvoll Trauben im Mund mehr machen wir kehrt und nehmen den Weg weiter geradeaus. Dieser ist korrekt und geht entlang des Rheinsteigs. Sieben bis neun Kehren weiter oben kommen wir vorbei an Kunst und Streuobstwiesen direkt zur wunderschönen Weinschaukel. Unterwegs können wir auf der anderen Rheinseite den Geysir von Andernach sprudeln sehen und bekommen einen Regenschauer ab – samt Regenbogen.
Auf der Schaukel genießen wir den „schönsten Weinblick 2020“. Bevor wir uns auf den Rückweg machen, bemerkte ich, dass ich mir eine Blase gelaufen habe. Seufz. Erstmal besuchen wir zur Ablenkung die Streuobstwiese und essen je einen Apfel namens „Kaiser Wilhelm“ und „Mautapfel“, wie uns die jeweiligen Plaketten verraten. Wir fühlen uns wie im Paradies, wo das Essen überall an den Bäumen hängt. Auch wenn das Pflücken nur mit Genehmigung möglich ist – es liegen im Oktober genug Äpfel auf dem Boden, um einen oder zwei hervorragende zu finden.
Nach dem Abstieg zurück kaufen wir bei Peter Hohn noch einige Flaschen Wein und genießen eine davon mit Käse und Schinken beim Abendbrot. Wir freuen uns, dass wir per Zufall von dieser Schaukel und dem schönen Weg dorthin erfahren haben. Mal schauen, was die kommenden Tag für uns bereit halten.
Merle und Oma sind währenddessen auch gut in Norddeich angekommen, beziehen die Ferienwohnung, mieten Leihfahrräder und – wie alle anderen heute angereisten Herbstferien-Urlauber auch – kaufen im Lebensmittelladen ein. Wahrscheinlich gehen sie anschließend nach dem Abendbrot recht fix in die Falle. Es war ein spannender und langer Tag mit vielen Kurven und Umwegen für uns alle.